BARFUSSSCHUHE & ALLES IST GUT

WAS SAGT DIE WISSENSCHAFT ZU BARFUSSSCHUHEN

Schon im Jahre 1995 warnte der Biomechaniker Christoph Reinschmidt von der Universität Calgary (Kanada) davor, dass die sog. Sprengung (die Erhöhung der Ferse im Vergleich zum Vorfuß), die Pronation des Fußes in der Stützphase der Laufbewegung verstärkt. Die Pronation des Fußes ist eine natürliche Dämpfungsbewegung durch eine natürliche Bewegung nach innen.

Hier geht es in erster Linie um die Kraft, mit der der Fuß in diese Drehung gedrückt wird. Je nach Konstruktion des Absatzes verursacht dieser ein Mehrfaches an Belastung (Grau, 2003). Die Schuhhersteller „erfanden“ daraufhin sogenannte „Pronationsstützen“ (härtere Materialien auf der Innenseite der Zwischensohle) um die starken Belastungen durch die Sohle abzufedern. Auch hier: https://www.outdoor-magazin.com/schuhe/test-vibram-fivefingers-v-trek-zehenschuhe/

Die amerikanische Biomechanikerin Dr. D. Casey Kerrigan und ihre Kollegen fanden erst kürzlich heraus, dass ausgerechnet gedämpfte Schuhe mit hoher Sprengung (Absätzen) und Pronationsstütze die Hüft- und Kniegelenke ihrer Träger stärker belasten, als wenn diese ganz einfach barfuss laufen würden. Die Wissenschaftler maßen beim Laufen mit Schuhen um 37 Prozent höhere interne Drehmomente im Knie und um 54 Prozent höhere Drehmomente in den Hüftgelenken.

Eine weitere Studie ist einem amerikanischen Forscherteams unter der Leitung von Geoffrey Keenan zu verdanken. Die Experten der University of Virginia beobachteten 68 gesunde Sportler mit Schuhen und rein barfuss auf dem Laufband. Die Sportler wurden dazu mit Reflektoren ausgestattet und mit einer Hochgeschwindigkeitskamera gefilmt. Alles zu dem Zweck,  die Belastungen der Gelenken mathematisch errechnen zu können. Das Ergebnis verblüffte auch hier: An Hüft-, Knie- und Fußgelenken traten weit höhere Kräfte auf, wenn Jogger Schuhe trugen. Die Hüfte wird durch Laufschuhe rechnerisch um durchschnittlich 54 Prozent stärker belastet als beim Barfußlauf. Im Kniegelenk lagen die Belastungswerte zwischen 36 und 38 Prozent höher. Man ging durch die Messungen davon aus, dass die höheren Belastungen zu großen Teilen vom erhöhten Absatz und dem Stützmaterial unter dem Fußgewölbe herrührten. Diese Studie bestätigte damit überzeugend, dass die erhöhten Belastungen an den drei unteren Gelenken eine Folge des Aufbaus (Sprengung/Pronation) moderner Laufschuhe sind.

Auch Wissenschaftler um den Evolutionsbiologen Prof. Dr. Daniel Lieberman von der Universität Harvard (Nature, Bd. 463, S. 531, 2010) kommen zu diesem Ergebnis: Wer barfuss joggt, schont seine Gelenke. Sehr richtig stellen die Autoren fest, dass Jogger mit herkömmlichen Laufschuhen mit der Ferse voran den Boden berühren. Die Belastung der Knie und anderer Gelenke erhöht sich dadurch bis zum Dreifachen des eignen Körpergewichts. Barfuss hingegen treffen die Läufer eher mit dem Ballen oder Mittelfuß zuerst auf. Dabei wird ein natürlicher Federmechanismus der Füße genutzt, um den anschließenden Aufprall der Ferse bereits stark abzufedern. Die Restenergie beim anschließenden Aufsetzten der Ferse wird dann als geminderter Stoß über das Gelenk weitergeleitet. Prof. Lieberman dazu: „Die meisten Menschen glauben, es sei gefährlich und schmerzhaft, barfuss zu laufen“. Jedoch ist das Gegenteil der Fall. Selbst auf hartem Untergrund sei es angenehmer, ohne Schuhe zu laufen. Bei ungehinderter Bewegungsfreiheit der Füße werden diese besser trainiert und gestärkt, was im Ergebnis zu weniger Verletzungen führen kann.

FAZIT UND GRUNDSATZDENKEN:

Auch anerkannte Mediziner, Physiotherapeuten, Orthopäden und Podologen sind sich einig, dass die biomechanischen und sensorischen Funktionen des menschlichen Fußes durch Schuhwerk degenerieren. Vermeide deshalb Schuhe mit Absätzen und auch Schuhe, die äußerlich flach aussehen und trotzdem eine Sprengung haben. Selbst Schuhe, die als „Barfußschuhe“ oder mit angeblich „Nullabsatz“ beworben werden, sind in der Regel im Ballen- und Fersenbereich unterschiedlich stark. Gehe häufig barfuß oder in Schuhen, die dem Barfußlaufen so nahe wie möglich kommen.

Inzwischen begegnet man diesem Thema generell auch in den Medien immer häufiger. Der zunehmende Trend, sog. „Minimalisten“ auch „Barefoots“ oder „Barfußschuhe“ für Sport und Freizeit einzusetzen ist ungebrochen. Hier ein kleiner Überblick zu entsprechenden Produkten, die seither von anderen Herstellern dazu auf den Markt gebracht wurden.

DOCH IST DAS SCHON ALLES?

Nein, denn jeder kann noch viel mehr für sich tun. Aus unserer Überzeugung ist der Einsatz von Barfußschuhen nur der Anfang dieser Entwicklung und noch lange nicht zu ende gedacht. Wichtig für das allgemeine Wohlbefinden, Gemütslage und die Anregung von körpereigenen Vitalfunktionen ist nicht allein die Position des Fußes! Es gibt eine ganze Reihe weiterer, ebenso wesentlicher Faktoren, die auch von modernen Barfußschuhen nur ungenügend bereitstellt werden. Wir sprechen hier von den unmittelbaren, möglichst variationsreichen Einflüssen der Umwelt auf die Füße und damit letztlich auf den gesamten Körper.

Warum sonst beginnen Menschen unweigerlich zu lächeln, wenn sie barfuss in eine Pfütze steigen? Und warum ist man als Erwachsener kaum in der Lage, seine Kinder von Schlamm, Dreck und Matsch fernzuhalten worin sie gern umher springen? Urinstinkte?

Um dies besser verstehen zu können, sollte man sich die Menschheitsgeschichte vor Augen halten. Wie lange schon läuft der Mensch auf planierten, ebenen ja sogar polierten Flächen? Unsere Füße haben sich seit Jahrmillionen zu dem entwickelt, was sie heute sind. Sie sind eine biomechanische Glanzleistung der Evolution – gentechnisch optimiert  für ständig wechselnde Unterschiede in Bodenhärte, Bodenbeschaffenheit, Temperatur, Feuchtigkeit und Nässe, Bodenneigung, usw. In den vergangenen 10.000 Jahren haben wir jedoch die Abschirmung der Füße von eben diesen Ur-Reizen geradezu perfektioniert … und ihnen diese enorm wichtigen Stimulationen genommen.

Der Aufbau des Gehapparats insgesamt ist das biomechanische Ergebnis einer überaus langen Entwicklungszeit. Sie sind optimiert auf alle Untergründe, die in der Natur vorkommen – und im Umkehrschluss, auf nichts, was es vor 10.000 Jahren an Untergründen nicht gab. Dazu arbeitet die Evolution leider zu viel zu langsam. Auf einer Asphaltpiste über Stunden der immer gleichen Belastung ausgesetzt zu sein, ist für die Komplexität der Füße eine andauernde Unterforderung, die zur Degeneration führen muss. Füße brauchen die Abwechslung um rundherum gesund und stark zu bleiben: warm, kalt, nass, trocken, hart, weich, uneben, bergauf, bergab, schräg, usw.